TLPE - Thüringer Landesverband Psychiatrie‑Erfahrener e.V.

Der Verband für seelische Gesundheit

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  • Erschienen: März 2017
  • Auflage: 2000
  • Seitenzahl: 56
  • Verfügbarkeit: Verfügbar
Frontcover ThuLPE Ausgabe 17

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

eine ehemalige Nachbarin von mir, eine ältere Dame, sagte einmal zu mir „Unter jedem Dach ein Ach! Und glaub mir Mädel, jeder hat seinen Spleen!“ Was sie damit meinte, habe ich erst im Laufe meines Lebens begriffen. Und wer nicht nur auf sich selbst fixiert ist, sich auch für die Menschen in seiner Umwelt interessiert, wird dem sicher zustimmen.

Jede Familie hat ihr dunkles Geheimnis und es wird von Generation zu Generation weiter getragen. In früheren Zeiten landeten Menschen, mit denen etwas nicht stimmte, nicht selten in der Psychiatrie. Die Familie verschwieg aus Scham die Krankheit des betroffenen Familienmitgliedes vor der Umwelt.

Man möchte es nicht wahrhaben und doch kann man sich dem Erbe an traumatischen Erlebnissen unserer Vorfahren kaum entziehen. Sicher, psychische Belastungen, welche in unserem Leben immer wieder auftreten, hinterlassen bei dem einen mehr – bei dem anderen weniger ihre Spuren. Doch die Erlebnisse und Verletzungen unserer Seele prägen uns und unserern Charakter. Kinder besitzen ein ausgeprägtes Gefühl für positive und negative Schwingungen, welche Personen im Umgang mit ihnen bewusst oder auch unbewusst ausstrahlen. Im Kleinkindalter macht sich dies bemerkbar durch unruhiges oder weinerliches Betragen. In den späten Entwicklungsjahren fangen sie an zu hinterfragen, weshalb es der Mutter oder dem Vater nicht gut geht und können deren Verhalten nicht deuten. Findet dann kein aufklärendes Gespräch mit ihnen statt, tritt oft der Aspekt in Kraft, dass sie die Schuld an dieser Verhaltensweise bei sich selbst suchen. Sie reagieren mit auffälligem Verhalten, wie zum Beispiel Rückzug, Angststörungen, Aggression, mangelndes Selbstwertgefühl, Schlafstörungen u.s.w.. Seelisch erkrankte Eltern ihrerseits haben oft Selbstzweifel, Scham und Angst, ihr Kind zu verlieren. In der Absicht, das Kind zu verschonen werden deshalb in vielen Familien seelische Probleme nicht angesprochen. Die bedrückende Atmosphäre in der Familie führt zu Hilflosigkeit beider Seiten, der Eltern, sowie der Kinder und oft auch anderer Familienmitglieder. Das Leben mit einer seelischen Erkrankung ist eine Belastung für die gesamte Familie. Doch hat sie nichts mit Charakter- oder Willensschwäche, mit selbst verschuldet und in jedem Falle aussichtslos zu tun.
Der Umgang mit einer seelischen Störung fordert viel Geduld und Verstehen für alle Beteiligten, für den Betroffenen und seinem familiären Umfeld. Denn die Auseinandersetzung mit – und der Kampf gegen die Krankheit ist schwer – aber nicht aussichtslos!

Pia Bauer
im Namen der Redaktion

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